Serie: Landwirtschaft in der Kritik (9)

10.09.2019

In den Medien, aber auch über die verschiedenen Initiativen zum Thema, wird die Landwirtschaft in die Defensive gedrängt. Die aktuelle Serie gibt Auskunft zu brennenden Fragen und stellt für BVA-Mitglieder ein Argumentarium dar. Heute: «Verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika - als Beispiel der Schweizer Kälbergesundheitsdienst ».

Die Frage: Nicht nur der Pflanzenschutz, sondern auch der Einsatz von Antibiotika ist im Fokus der Kritiker. Gibt es Neuigkeiten zu diesem Thema?

Die BVA-Antwort:
Der Einsatz von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung wird von Wissenschaftlern, Medien, politischen Entscheidungsträgern und Verbrauchern zunehmend kritisch beurteilt. Von Humanmediziner wird auf die alarmierende Zunahme resistenter Erreger hingewiesen, die ein grosses Gefährdungspotenzial für die Gesundheit des Menschen darstellt. Jedoch ist der Einfluss des Einsatzes von Antibiotika bei Nutztieren auf die Resistenzlage in der Humanmedizin nicht wirklich geklärt. Nichtsdestotrotz ist eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei Nutztieren eine wichtige Voraussetzung für die Eingrenzung des Problems. Positiv zu werten ist der Umstand, dass der Antibiotikverbrauch in der Landwirtschaft in den letzten zehn Jahren bereits um 50 Prozent gesenkt werden konnte.

Als gutes Beispiel der Schweizer Kälbergesundheitsdienst (KGD)
Der Verein «Schweizer Kälbergesundheitsdienst» wurde Ende 2016 auf Initiative des Schweizer Kälbermäster-Verbandes (SVMK) und der Schweizer Rindermäster (Swiss Beef) gegründet. Die Grundidee für das Projekt kommt nicht von ungefähr: Die jungen Tränkerkälber werden mit einem Lebendgewicht von ca. 70 kg in einer ungünstigen Lebensphase (Immunitätslücke) gehandelt, mit Tieren aus anderen Ställen gemischt und schlussendlich auf einem neuen Betrieb für die Mast eingestallt. Verschiedenste Krankheitskeime kommen dort zusammen und können somit anfällige Kälber anstecken. Dies ist die wichtigste Ursache, dass der Antibiotikaverbrauch in der Kälbermast und -aufzucht hoch ist. Diese negativen Rahmenbedingungen versucht der neu gegründete Verein zu verbessern. Durch eine flächendeckende Beratung, durch eine systematische Verbesserung der Haltungs- und Fütterungsbedingungen und durch Programme für einen «Gesundheitstränker» soll der Antibiotikaeinsatz in den ersten sechs Jahren des Vereins um 50% reduziert werden.

Ein Ressourcenprojekt des BLW
Im Jahr 2017 wurde mit grossem Aufwand durch die oben genannten Partner in Zusammenarbeit mit dem Rindergesundheitsdienst ein Projektantrag beim Bundesamt für Landwirtschaft eingereicht. Gross war die Freude, als vom BLW die Genehmigung des Projektes eintraf. Mit der finanziellen Absicherung für die ersten sechs Jahre konnten Strukturen erstellt und eine Geschäftsstelle aufgebaut werden. Im Moment ist der KGD eine Sektion des Rindergesundheitsdienstes und wird durch einen 7-köpfigen Vorstand geführt. Die Geschäftsstelle befindet sich an der Vetsuisse-Fakultät in Zürich und ist im Moment mit 6 Personen (z. T. in Teilzeit) besetzt. Bereits sind ca. 100 sogenannte Vertragstierärzte ausgebildet, die in den Regionen die Beratung nach Vorgaben der Geschäftsleitung durchführen können.

Projekt «Gesundheitstränker»
Im Moment läuft die Planung eines Pilotprojekts für Gesundheitstränker. Dabei soll alles unternommen werden, damit die Tränkerkälber, die in den Handel gelangen, robuster sind und somit im späteren Maststall die Medizinierung von Antibiotika reduziert werden kann. Stichworte zu den Anforderungen sind Kolostrumversorgung, optimale Fütterung und Haltung, Impfung, Mindestgewicht, kurze Transportdauer und minimale Anzahl Umlade pro Transport. Für den höheren Aufwand soll der Geburtsbetrieb eine Prämie pro Kalb erhalten. Der KGD wird diese Kälber «begleiten» und die Daten in einer Datenbank sammeln, damit die Wirksamkeit nachgewiesen werden kann. 

Es braucht die Mitarbeit der Geburtsbetriebe!
Viele Faktoren zur Gesundheit entscheiden sich in den ersten Stunden und Tage des neugeborenen Kalbes. Eine gute Kolostrumversorgung und eine optimale Fütterung und Haltung sind der Schlüssel zu einem robusten Kalb. Hier ist auf vielen Betrieben noch viel Luft nach oben vorhanden, der KGD könnte helfen. Für einen Mitgliederbeitrag von Fr. 100.- pro Jahr (Fr. 250.- mit eingehender Bestandesberatung und Analysen)  kann die Kälberhaltung sicher auf jedem Betrieb optimiert werden. Das Geniale an der Sache: Nicht nur die Tränkekälber werden mit besserer Gesundheit und besseren Zunahmen glänzen, sondern auch die eigenen Aufzuchtkälber werden mitziehen! Eine Win-win-win Situation, die mit der Anmeldung mit untenstehendem Link seinen Anfang findet.    

Fredi Siegrist
Fachmitarbeiter Standesvertretung
Präsident Schweizer Kälbergesundheitsdienst