Serie: Landwirtschaft in der Kritik (8)

28.08.2019

In den Medien, aber auch über die verschiedenen Initiativen zum Thema, wird die Landwirtschaft in die Defensive gedrängt. Die aktuelle Serie gibt Auskunft zu brennenden Fragen und stellt für BVA-Mitglieder ein Argumentarium dar. Heute: «DAS Thema 2019 - Chlorothalonil».

Die Frage: Was ist Chlorothalonil, wo wird es eingesetzt und wo liegt das Problem beim Einsatz?

Die BVA-Antwort:
Noch im Frühjahr 2019 kannte kaum jemand den Wirkstoff Chlorothalonil, das hat sich nun grundsätzlich geändert.  Mit der Diskussion in den Räten um die Trinkwasser- und Pestizidinitiative ist das Wort in aller Munde. Es handelt sich um ein Fungizid, das 1966 von Diamond Alkali Company eingeführt wurde. Als Mittel gegen Pilzbefall ist das ursprüngliche Einsatzgebiet der Pflanzenschutz, es ist aber auch in mit Holzschutzmittel-belasteten Materialien nachweisbar und somit auch in Innenräumen zu finden. Die Fungizide auf der Basis von Chlorothalonil werden unter Handelsnamen wie Cherokee, Daconil, Daco 500, Miros, Ortiva Opti, Bravo 500, Tossa Opti, Rover, Revus Opti und Vielen mehr gehandelt. In der Schweiz werden jährlich rund 30 Tonnen dieser Pflanzenschutzmittel auf den Feldern eingesetzt.

Wie kam der Wirkstoff zu seiner momentanen Bekanntheit?
Einige der Abbauprodukte von Chlorothalonil werden schon seit Jahren im Schweizer Trinkwasser nachgewiesen, die Befunde erhalten aber erst jetzt rechtliche Bedeutung. Bisher hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit diese Rückstände als «gesundheitlich nicht relevant» eingestuft. Weil die Chlorothalonilreste neu aber als potenziell gesundheitsgefährdend (das heisst, es ist nicht erwiesen, dass sie NICHT gesundheitsgefährdend sind) angesehen werden, dürfen sie im Trinkwasser maximal in einer Höhe von 0,1 Mikrogramm pro Liter vorkommen. Liegen die Werte einer Probe über diesem Grenzwert, müssen die Wasserversorger Massnahmen ergreifen. So bereits geschehen in den letzten Wochen im Aargau, wo lokale Wasserbetreiber zwei belastete Wasserfassungen vom Netz nehmen mussten.

Haben die Abbauprodukte von Chorothalonil gesundheitliche Auswirkungen?
Bei der Beurteilung, ob ein Abbauprodukt (Metabolit) relevant ist, werden verschiedene Faktoren berücksichtigt. Dabei spielt die Einstufung der Muttersubstanz eine wichtige Rolle. Die Muttersubstanz Chlorothalonil wird als kanzerogen (krebserregend) eingestuft. Bei Abbauprodukten muss daher nachgewiesen werden können, dass sie diese Eigenschaft nicht haben. Fehlen entsprechende Daten und kann somit die kanzerogene Wirkung nicht widerlegt werden, gelten sie als relevant und damit als möglicherweise gesundheitsgefährdend.

Mögliches Verbot des Wirkstoffes ab Herbst 2019
Entschieden hat bereits im Monat April die EU: Ab dem 31. Oktober 2019 wird der Wirkstoff in der EU verboten sein, mit Übergangsfrist für den Verbrauch bis April 2020. Das BLW als Zulassungsbehörde in der Schweiz prüft nun seinerseits ein Verbot auf den Herbst 2019.

Fredi Siegrist
Fachmitarbeiter Standesvertretung

Vorschau Thema im Newsletter 13. September 2019: «Verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika - als Beispiel der Schweizer Kälbergesundheitsdienst»