Der halbe Kuhstall zügelt nach Lenzburg

12.07.2023

An der ALA23 wird eine Gruppe von Milchkühen und Kälbern zu sehen sein. Sie wohnen wie zuhause bei Familie Lüscher in Muhen im Laufstall, gehen täglich auf die Weide und werden vom Roboter gemolken.

Ein paar Kühe rupfen Gras auf der Weide, die meisten haben sich an diesem warmen Sommermorgen schon zurück in den schattigen Stall verzogen. Dort liegen sie nun und käuen wieder, eine Kuh lässt sich im automatischen Melksystem melken, die nächste steht hinten an. Fressen, ruhen, Milch produzieren, das werden die Kühe von Familie Lüscher aus Muhen auch in gut einem Monat – aber an einem anderen Ort. Zwanzig von ihnen gehen für eine Woche an die ALA23 nach Lenzburg.

Landwirtschaft von heute zeigen
Familie Lüscher, das sind Hans-Ulrich und Therese, ihr Sohn Stefan und seine Frau Käthi. Sie führen in Muhen einen Landwirtschaftsbetrieb in einer Generationengemeinschaft und bilden auch zwei Lernende aus. Auf ihrem Hof betreuen sie 72 Holstein- und Red-Holsteinkühe. Wie die an die ALA23 kommen, erklärt Seniorchef Hans-Ulrich Lüscher. Er ist im Vorstand des Bauernverbands Aargau, der die Ausstellung durchführt. Den ursprünglichen Plan, dort einen Anbindestall mit Schaumelken einzurichten, fand der Milchproduzent nicht zeitgemäss. «Wir wollen die Landwirtschaft von heute zeigen, und da sind Laufställe nun mal die Regel, und auch automatische Melksysteme gibt es immer häufiger.» Sein Vorschlag: Ein Laufstall mit Melkroboter und täglichem Weidegang für die Kühe an der ALA. Das OK fand seine Idee gut, aber niemand riss sich darum, die Kühe zu bringen und Lüschers sprangen selber ein.

Produzierende Landwirtschaft
Der 37-jährige Stefan Lüscher wird ab nächstem Jahr alleiniger Betriebsleiter und managt schon heute den Bereich Milchwirtschaft. Für den Landwirt bringt der ALA-Besuch grossen Aufwand mitten in der Pflanzenbausaison. Er macht es trotzdem. Das Anliegen der ALA23, den Menschen die Landwirtschaft näher zu bringen, findet er wichtig. Gerade er als einer der Milchproduzenten, die auf hohe Leistungen setzen. Die hätten es heute schwierig und oft mit Vorurteilen zu tun, sagt er in Richtung Politik, Gesellschaft und Medien.

Nebst den Milchkühen bringen Lüschers auch eine Gruppe mit Kälbern an die Ausstellung. Vater und Sohn können selber nicht ständig vor Ort sein, sondern müssen auch die Tiere zuhause betreuen, die Feldarbeit erledigen und die beiden neuen Lernenden einarbeiten. Sie lassen ihre kleine Herde in Lenzburg aber nicht allein: Sie haben dafür gesorgt, dass sie dort von einem jungen Landwirt betreut wird, der oft bei ihnen im Stall aushilft und somit die Tiere und das Melksystem kennt.

Optimale Bedingungen im Stall
«Der Transport und die neue Umgebung an der ALA23 bedeuten für die Tiere einen gewissen Stress», sagt der Landwirt. Er wird darum Kühe auswählen, die gut damit zurechtkommen. Menschen sind sie sich gewohnt – seine Schwester führt eine Spielgruppe auf dem Hof, die Kinder sind regelmässig im Stall. Dort hängt an einer Wand eine lange Reihe von Plaketten, mit denen der Zuchtverband langlebige und produktive Kühe auszeichnet. Falbala, die älteste Kuh im Stall, ist zwölfjährig und hat 125 000 Kilo Milch produziert. «Ich will den Stall nutzen und pro Kuhplatz effizient produzieren», kommentiert Stefan Lüscher seine Strategie. Die Betreuung einer leistungsstarken Herde sei anspruchsvoll, «aber wenn du den Kühen optimale Bedingungen bietest, angefangen mit bestem Grundfutter bis zu hohem Tierkomfort, dann läuft es gut». Auch der Melkroboter biete den Tieren Vorteile: «Der macht seine Arbeit immer gleich, wird nie ungeduldig, und die Kühe können zum Melken gehen, wann es ihnen passt.» Er als Landwirt ist deswegen nicht weniger im Stall, aber er kann seine Zeit flexibler einteilen.

Ein neuer Robboter
Nebst den Kühen betreuen Lüschers auch die Aufzucht- und Mastkälber auf ihrem Betrieb. 120 Schweine in einem Höhlenstall sind ein weiterer tierischer Betriebszweig. Auf Seiten Pflanzenbau spielen die 1,7 Hektaren Erdbeeren eine grosse Rolle, die Lüschers während der Saison täglich an 13 Läden und einen Grossverteiler liefern, ein Teil der Beeren wird auch zum selber Pflücken angeboten. Dann gibt es noch Weihnachtsbäume in der Adventszeit zu kaufen. Bei dieser Gelegenheit bieten Lüschers jeweils auch ihren Erdbeerwein und -sekt, getrocknete Beeren und Konfi an. Und Mutschli aus der eigenen Kuhmilch. Jedes Jahr verarbeitet dafür ein regionaler Käser 300 bis 600 Liter Milch von Lüschers Herde.
Aber jetzt ist erstmal Sommer und die ALA23 ist nicht das einzige ausserordentliche Projekt auf dem Betrieb Lüscher. In den nächsten Tagen wird der 14-jährige Melkroboter durch einen neuen ersetzt.

Text und Bild: Ruth Aerni

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Medienpartnerschaft mit der BauernZeitung.