Privilegierte Liquidation wird eingeschränkt

5.02.2021

Verschiedene Gerichtsurteile und darauf gründende Praxisänderungen durch das kantonale Steueramt Aargau haben den BVA bewogen, eine Online-Infoveranstaltung mit dem leitenden Landwirtschaftsexperten des kantonalen Steueramtes und rund 30 interessierten Treuhändern aus dem landwirtschaftlichen Umfeld zu organisieren. Diese fand am 11.11.2020 statt.

Mit Erreichen des Pensionsalters durch den betriebsleitenden Ehemann wird die Bewirtschaftung häufig auf die jüngere Ehefrau übertragen, damit der Betrieb weiterhin direktzahlungsberechtigt bleibt (Meldung Bewirtschafterwechsel bei Landwirtschaft Aargau, Anmeldung als Selbständigerwerbende bei der SVA Aargau, Führen eines Betriebskontos lautend auf Ehefrau). Künftig muss in dieser Situation für den Ehemann (als angenommener Eigentümer der Liegenschaft) zusätzlich eine separate Liegenschaftsrechnung und für die Ehefrau die betriebliche Buchhaltung geführt werden.

Überführung vom Geschäfts- ins Privatvermögen (Liquidation) dringend prüfen
Bisher ist man davon ausgegangen, dass bei Verpachtung die landwirtschaftliche Tätigkeit, nicht aber die selbständige Erwerbstätigkeit aufgegeben wird. So war es bisher notwendig, dass der Verpächter eine Liegenschaftsrechnung geführt und den Ertrag aus der Verpachtung als selbständiges, AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen versteuerte. Auf Antrag konnte der Steuerpflichtige später jederzeit die Überführung der Liegenschaft ins Privatvermögen verlangen und somit seine selbständige Erwerbstätigkeit definitiv beenden. Falls die Voraussetzungen erfüllt waren, konnte er in diesem Zeitpunkt von der privilegierten Liquidationsbesteuerung profitieren. Gemäss neuer Praxis (auch für den vorgenannten Fall des Bewirtschafterwechsels anzuwenden!) soll der Eigentümer der Geschäftsliegenschaft im Moment der Verpachtung weiterhin das Recht der privilegierten Besteuerung in Anspruch nehmen können. Verzichtet er darauf, hat er die privilegierte Liquidationsbesteuerung verwirkt. Einzige Ausnahme ist, wenn das Nettoeinkommen aus der Liegenschaftsrechnung (Miet-, Pachtzinseinnahmen und Eigenmietwert abzüglich Liegenschaftskosten) weiterhin über der BVG-Eintrittsschwelle von derzeit Fr. 21'510.- bleibt. Diese Praxisänderung gilt für Verpachtungen ab dem 1. Januar 2020. Zudem kann ein Antrag auf Überführung der Liegenschaft in einem späteren Zeitpunkt nur noch bei einer technisch-wirtschaftlichen Funktionsänderung wie Verkauf von wesentlichen Teilen des Betriebes und Ähnlichem gestellt werden.

«Nur noch» Kaufpreiseinbuchung bei Hofübernahme
Die Fortführung der Buchwerte des Rechtsvorgängers, welche grösser als der Kaufpreis waren, ist bereits seit dem Urteil des Spezialverwaltungsgerichts Steuern, des Kantons Aargau vom 31. August 2018 (3-RV.2018.13) nicht mehr möglich. Damit der Hofabgeber nicht abrechnen musste, war es bisher möglich, dass der Hofnachfolger die Buchwerte des Rechtsvorgängers weiterführte, wenn diese tiefer waren als der Kaufpreis. Diese Möglichkeit des «Steueraufschubes» des realisierten Gewinnes will das Kantonale Steueramt nun nicht mehr akzeptieren und verlangt beim Rechtsvorgänger die Abrechnung. Dabei ist darauf zu achten, dass das Kantonale Steueramt für den Zeitpunkt der Abrechnung auf das Datum der notariellen Beurkundung des Liegenschaftskaufvertrags abstützt und nicht auf das Datum der effektiven Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit. Zwingende Buchwertübernahme ist aktuell nur noch bei gemischten Schenkungen vorgesehen.

Ivo Rey
BVA Treuhand & Beratung